Bubblen übers Babbeln – wie wir über MoG sprechen können und wollen

In unserer ersten Bubble-Reihe „Sprache bei MoG“ haben wir an drei aufeinanderfolgenden Terminen über Sprache diskutiert und gebrainstormt, wie wir kritisch & reflektiert, gleichzeitig aber auch ehrlich & vielseitig (intern und extern) über und bei MoG berichten und sprechen können.

Folgende Fragen standen diesbezüglich im Raum und gaben uns Denkanstöße:

  • Welchen Wortschatz möchten wir in der Vereinsarbeit (nicht) nutzen?
  • Was erzählen wir Freund*innen, Eltern etc. über den Verein, bei dem wir uns mit so viel Freude engagieren?
  • Wie etablieren wir eine Feedbackkultur im Verein, die anerkennt, dass wir alle Fehler machen und dass wir daraus gemeinsam lernen können?

Diese Bubble war als Ort des persönlichen Austausches gedacht. Wir wollten uns über unseren Sprachgebrauch unterhalten und die oben genannten Fragen bei einer Tasse Tee oder Kaffee bequatschen. Das haben wir gemacht und nebenbei für die Dokumentation mitgeschrieben. Unsere Gedanken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, mal sehr durcheinander, mal geordnet) könnt ihr hier nachlesen: https://wolke.musikerohnegrenzen.de:4940/oo/r/l5o83GKhMFyPBBt0Qk04GqBsxR9GUuL2

Am Ende kam der Wunsch auf, unsere Gedanken für andere MoGs zugänglich zu machen und Euch an unserem Prozess teilhaben zu lassen. Deswegen verschaffen wir Euch in diesem Blogbeitrag einen Überblick über die Bubble #1: Sprache bei MoG. Wir freuen uns sehr auf Kommentare oder Nachfragen von Eurer Seite.

 

Sprache schafft Wirklichkeit. Wie wir sprechen, so formen wir auch was wir wahrnehmen. Deshalb wollen wir achtsam mit unserer Sprache umgehen und die Nutzung kritisch hinterfragen. Wir wollen sprechen ohne dabei zu diskriminieren.

Wenn es um Sprache geht, dann wünschen wir uns zuallererst, dass es bei MoG möglich ist, Räume zu schaffen, in denen wir die Nutzung von Sprache zum Thema machen können. Wir wünschen uns eine Kultur, in der wir keine Angst vor unseren Fehlern haben müssen und gemeinsam aus diesen lernen können.

Niemand sollte Angst haben zu sprechen, weil er*sie vielleicht „falsche Wörter“ nutzen könnte. Wir wünschen uns stattdessen, dass wir uns gegenseitig darauf aufmerksam machen können, wenn Wörter genutzt werden, die wir / einzelne Aktive kritisch sehen und die wir nicht (mehr) nutzen wollen. Bestenfalls erfolgt ebenfalls eine Erklärung, warum die jeweilige Sprache in unseren Augen nicht genutzt werden sollte.

In der Bubble #1.1 haben wir uns über verschiedene Wörter unterhalten, die im MoG-Kontext genutzt werden. Bei jedem Wort haben wir uns die Fragen gestellt: Was vermittelt dieses Wort? Welche guten Gründe gibt es, dieses Wort (nicht) zu nutzen? Hier stellen wir ein paar unserer Überlegungen dar (uns ist wichtig, dass all diese Gedanken nicht als „neue Regeln“ wahrgenommen werden, sondern vielmehr als Anregung selbst über diese und andere Wörter nachzudenken und zu reflektieren):

Das Wort Freiwillige*r: Vom Grundverständnis her sind wir ja tatsächlich alle „Freiwillige“ bei MoG, doch gleichzeitig assoziieren wir mit diesem Wort direkt den typischen Begriff Freiwilligendienst – also klassische Freiwilligendienstschublade auf, MoG rein, Schublade wieder zu. Wir als MoG nehmen aber für uns in Anspruch den Begriff mit einer eigenen Idee und Struktur zu füllen, unsere Arbeitsweise unterscheidet sich in vielen Punkten von den klassischen Institutionen, die Freiwilligendienste anbieten und deswegen passen wir auch nicht in die klassische Freiwilligendienstschublade. Natürlich könnte man auch diese Einschätzungen kritisch diskutieren. Mögliche Alternativen, die wir statt des Wortes Freiwillige*r nutzen können, sind Musiker*innen, Vereinsaktive, MoGs…oder präzisere Beschreibungen wie z.B. ÖA-Leute,…

Das Wort Einsatz: impliziert, dass man zu irgendetwas fähig ist, diese Fähigkeiten an einem Ort einsetzt und dann wieder zurückkehrt. Der Fokus liegt auf der*m grenzenlosen Musiker*in im Projekt und der interaktive Prozess, der während des Auslandsaufenthaltes passiert, ist hier nicht mit eingeschlossen. Wir als MoG nehmen allerdings für uns in Anspruch, selbst Lernende zu sein mit unseren Partner:innenorganisationen im Gastland gemeinsam etwas zu entwickeln. Mögliche Alternativen, die wir statt des Wortes Einsatz nutzen können, sind Aufenthalt / Zeit im Gastland, musikalischer Austausch, Projektaufenthalt…

Die Wörter verschicken, entsenden: Diese Wörter sprechen MoG eine aktive Rolle zu, während sowohl den Musiker*innen als auch den Partner:innenorganisationen in den Gastländern eine passive Rolle zugesprochen wird. Wir wünschen uns aber, dass MoG vielmehr als vermittelnde Instanz zwischen Musiker*innen und Organisationen funktioniert. Deswegen schlagen wir als Alternative das Wort „vermitteln“ vor.

Eine unserer Haupterkenntnisse aus dieser Auseinandersetzung ist, uns präziser auszudrücken zu wollen, um verallgemeinernde Aussagen zu vermeiden. Das bedeutet auch, dass manchmal mehr Wörter oder längere Sätze genutzt werden müssen.

 

Beim zweiten Termin Bubble #1.2 haben wir uns außerdem mit den Fragen auseinandergesetzt: Wie können wir Freund*innen und Familie mit wenigen Sätzen erklären was MoG ist? Was sind eigentlich unsere Bedürfnisse, wenn wir über MoG reden – was soll dann „rüberkommen“?

MoG ist schnell gewachsen und lange schon kein „kleiner Verein“ mehr. Wir haben in den letzten Jahren viele Strukturen neu und weiterentwickelt, sind professioneller geworden und werden auch von Außen als professionell wahrgenommen. Gleichzeitig lebt der Verein von Freundschaften, einem familiären Miteinander und hauptsächlich ehrenamtlichem Engagement. Dieses Miteinander in wenigen Sätzen zu beschreiben ist schon eine Herausforderung, ganz zu schweigen davon, wenn man sich als Ziel gesetzt hat, den so oft genannten „MoG-Vibe“ zu erklären.

Und dann kommt noch dazu, dass wir uns neben aller Begeisterung für MoG auch kritisch mit Freiwilligendiensten und der Rolle von MoG auseinandersetzen – und auch das soll ernst genommen werden. Natürlich haben wir nicht die Patentlösung für diese Frage gefunden. Aber wir haben einen bunten Blumenstrauß aus Wörtern und Sätzen gesammelt mit denen wir der Lösung vielleicht etwas näher kommen:

  • Wir unterrichten Musik und sind gleichzeitig Lernende
  • Wir wollen rüberbringen, dass das alles aufgrund von „gemeinsamen Wollen“ entstanden ist, gemeinsames Projekt von Musiker*innen aus X und Musiker*innen aus Deutschland
  • Wir unterstützen Musikprojekte in anderen Ländern
  • Wir versuchen, durch Musik zu connecten, das nimmt auch einen großen Teil im Verein ein. Es geht um die Musik, weniger um das „Unterrichten“
  • Wir sind ein bildendes, lehrreiches Projekt hinsichtlich interkultureller Begegnungen, das heißt wir müssen/können gar nicht alles richtig machen; wir sind gleichzeitig Lernende (im Prozess) und Ausführende – gibt auch Raum dafür, dass wir Schwachstellen sehen und versuchen damit umzugehen
  • Wir stellen uns selbst bei der Arbeit in Frage, wir sind stetig im Prozess
  • Wir haben nicht den Anspruch alles richtig zu machen, aber wir haben den Anspruch kritisch mit uns umzugehen, uns kritisch zu hinterfragen
  • Wir arbeiten ganzheitlich, wir sind eben Menschen, wir lernen dazu, wir machen Fehler, wir begeistern uns für Sachen, die auch ihre Schattenseiten haben und versuchen daraus zu lernen
  • Mehr den Zweck des Vereins in den Mittelpunkt zu stellen: Musik & Projekte (und weniger Vereinsmeierei) – auch wenn das nicht immer der Realität entspricht!
  • Wir sind Lernende und sehen das auch als Mehrwert
  • MoG mehr als Bildungsprojekt promoten – z.B. lernen wir alle ja auch, wie ein Verein funktioniert etc. – wir sind alle junge Leute, nicht ausgebildet in dem Bereich etc. – wir wollen Lernen

 

In unserer letzten Sprache-Bubble #1.3 kam nochmal das Thema Feedback auf, mit der Frage: „Wie gehe ich am besten damit um, wenn jemand Ausdrücke nutzt, die ich für diskriminierend oder nicht angebracht halte?“. Und hier wiederholen wir nochmal, was wir am Anfang schon gesagt haben: Wir wünschen uns, dass MoG ein Raum ist, in dem wir Sprache achtsam nutzen und in dem es gleichzeitig und auch gerade deswegen Raum für Unstimmigkeiten und Kritik gibt. Immer mit dem Ziel, dass wir miteinander und voneinander lernen, dass wir uns kritisch hinterfragen und somit gemeinsam im Prozess bleiben. Aktuell empfinden wir bei MoG einen großen Wunsch nach Harmonie und damit einhergehend eine eher kritikvermeidende Haltung. Wir wünschen uns, dass wir (konstruktive) Kritik nicht als Gegenspieler zu Harmonie sehen, sondern als eine wichtige Komponente in unserem Miteinander, die unseren MoG-Vibe nur noch kompletter macht.

Die Bubble-Reihe #1 – „Sprache bei MoG“ haben wir hiermit vorerst beendet. Das kritische Reflektieren unserer Sprache bei MoG hat gerade erst begonnen – und damit auch das Hinterfragen unserer eigenen Strukturen. Denn das ist es, was der ganzen Diskussion letztendlich zu Grunde liegt. Das Ändern von Sprache allein bewegt nicht viel, wenn wir nicht auch den nächsten Schritt gehen und an den Punkten, an denen wir unseren Sprachgebrauch hinterfragen bzw. verändern, auch unsere Strukturen hinterfragen.

Um weiterhin im Austausch über das Thema zu bleiben, gibt es einen offenen Chat-Kanal (Sprache_MoG) in dem wir uns interessante Artikel, Videos, Bücher etc. schicken wollen und im Falle des Falles auch die Bubble wiederbeleben können. Wer Interesse hat in diesem Kanal dabei zu sein, die*der darf sich gerne bei uns melden (bubbles@musikerohnegrenzen.de) – wir freuen uns!

Wir sind dankbar, durch diese Bubble gemeinsam einen neuen Prozess mit Gedanken zu füllen, hatten sehr viel Spaß und freuen uns auf die nächste Bubble, was immer diese bringen wird.

 

Maria, Lea M, Timea, Lea J., Christoph, Hannah, Judith & Prizz